Augen zu und durch!
Ein letztes (?) Beispiel dieser Powergame-Politik haben SVP, FDP und ihre Mitte-Verbündeten am Montag durchexerziert. Der Rat hat die kantonale Umsetzung der Unternehmenssteuerreform 17 verabschiedet. Falls das Volk in der eidgenössischen Abstimmung im Mai der Steuer-AHV-Vorlage (STAF) zustimmt, soll im September in Zürich in einem obligatorischen Referendum über das Schicksal der kantonalen Unternehmenssteuerreform (SV17) entschieden werden.
Die SV17-Vorlage sieht vor, die Gewinnsteuern von 8 auf 7 Prozent zu senken – also um nicht weniger als 12.5 Prozent. Zusätzlich sollen sämtliche Steuervermeidungsinstrumente für Unternehmen, welche der Bund den Kantonen zur Verfügung stellt, so grosszügig wie irgend möglich eingeführt werden. Sämtliche Anträge die Steuerschlupflöcher etwas einzugrenzen, wurden von der Mehrheit verworfen.
SV17: Hunderte Millionen Steuerausfälle
Die Folgen liegen auf der Hand: Alle mittleren und grösseren Unternehmen werden mit Hilfe ihrer spezialisierten Steueranwälte Steueroptimierung betreiben und ihre Steuern so gut wie möglich minimieren. Das ist völlig legal und von der bürgerlichen Mehrheit gewollt. Dem Staat werden so hunderte von Millionen Franken Steuereinnahmen entgehen, die Wirtschaft wird sich immer weniger an der Finanzierung der Infrastruktur, der Bildung, des Gesundheitswesens, der Rechtsordnung beteiligen – alles Standortfaktoren, die eigentlich erst ein erfolgreiches Wirtschaften ermöglichen.
Damit ist die Ausgangslage für die Volksabstimmung im September klar. SP und Grüne werden das Steuervermeidungspaket vehement bekämpfen. Die Aussichten auf einen erneuten Abstimmungserfolg sind gut, schliesslich haben die Zürcherinnen und Zürcher im Februar 2017 die Unternehmenssteuerreform III, die ähnlich unausgewogen war, mit 62 Prozent Nein deutlich verworfen.
Der Poltergeist von Herrliberg löst Kopfschütteln aus
Daneben gab an der montäglichen Sitzung des Kantonsrats natürlich auch der personelle Kahlschlag bei der Zürcher SVP zu reden: Dass der alte Poltergeist von Herrliberg einfach so an einer Kadersitzung seiner Partei auftauchen kann, um «schwuppdiwupp» die ganze Spitze der Partei abzuservieren, löste überall ungläubiges Kopfschütteln aus.
Was das mit schweizerischer Demokratie zu tun hat, welche ja gerade die SVP theoretisch so hochhält, ist nicht nachvollziehbar. Konrad Langhart, dem unwürdig verabschiedeten Parteipräsidenten, ist zu gratulieren, dass er seinen undankbaren Job rasch wieder losgeworden ist. Er hätte einen anderen, würdevolleren Abgang verdient.